C – the Unseen. Chemnitz - die Ungesehene: So lautet das Motto des Kulturhauptstadtjahres Chemnitz 2025. Auch jenseits aktueller Festprogramme hat die Stadt für Freunde von Kunst und Architektur vieles zu bieten. In Chemnitz, das man im 19. Jahrhundert auch das deutsche Manchester nannte, hat sich ein reiches Erbe an Industriekultur erhalten. Die vermögenden Unternehmer ließen sich am Kaßberg Villen im Stil von Historismus und Jugendstil errichten, wie zum Beispiel die Villa Esche von Henry van de Velde. Für Interessierte an der Architektur des Neuen Bauens ist hier exemplarisch zu nennen das Gebäudes des ehemaligen Kaufhauses Schocken von Erich Mendelsohn, in dem heute das Museum für Archäologie untergebracht ist. Dazu gesellen sich reiche Bestände an hochkarätiger Kunst der klassischen Moderne im Museum am Theaterplatz, das zudem im Herbst des Jubiläumsjahrs mit einer großen Munch-Ausstellung aufwartet und im Museum Gunzenhauser. Ein Abstecher soll uns raus aus der Stadt nach Gera und nach Zwickau führen, wo 1881 der Maler Max Pechstein geboren wurde.
Mittwoch, 1 . Oktober 25: Anreise und erste Erkundungen
Nach der Ankunft erkunden wir in einem ersten Spaziergang die City von Chemnitz. Wir starten unseren Rundgang am Marktplatz. Hier befindet sich das aus zwei Gebäuden bestehende Doppelrathaus und gleich dahinter die Stadtkirche Sankt Jacobi. Diese birgt einen bedeutenden spätgotischen Altar von Peter Breuer. Vorbei am Roten Turm, dem älteste Bauwerk von Chemnitz, gelangen wir zum ehemaligen Kaufhaus Schocken, ein ikonisches Bauwerk der klassischen Moderne von Erich Mendelsohn, in dem sich seit 2014 das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz (smac) befindet. Die ursprüngliche Fassadengestaltung einschließlich des Schocken-Signets wurde bei der Sanierung rekonstruiert. Ein weiterer nun anderweitig genutzter Konsumtempel erwartet uns im ehemaligen Kaufhaus Tietz, dem heutigen Kulturkaufhaus DAStietz, in dem u.a. das Museum für Naturkunde untergebracht ist.
Quelle: Von Silke Arlt, Chemnitz - Silke Arlt, Chemnitz, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=78330138
Quelle: Von w:User:Sgeureka - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6874343
Quelle: Von Kolossos - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2004369
Quelle: https://www.kunstsammlungen-chemnitz.de/der-schrein-der-erloesung-das-heilige-grab-aus-der-chemnitzer-jakobikirche-im-europaeischen-kontext/
Donnerstag, 2. Oktober 25: Kunst in Chemnitz
Dieser Tag steht ganz im Zeichen der reichen und vielfältigen Kunstmuseen der Stadt. Die Kunstsammlungen am Theaterplatz beherbergen alle Gattungen der künstlerischen Produktion: Malerei, Skulptur und Grafik, aber auch Textilkunst und Kunstgewerbe sind mit bedeutenden Konvoluten vertreten. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf den Arbeiten des Expressionismus: Karl Schmidt-Rottluff stammte aus Chemnitz und ist hier gemeinsam mit Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel aufgewachsen. Gemeinsam gründeten sie 1905 die Künstlervereinigung „Die Brücke“. Doch auch viele weitere bedeutende Namen aus anderen Epochen der Kunst sind vertreten, von Caspar David Friedrich über Georg Baselitz bis Tony Cragg, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
Ernst Ludwig Kirchner: Ausstellungsplakat der Galerie Arnold in Dresden, 1910
Quelle: Von Ernst Ludwig Kirchner - repro from artbook, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10704372
Ernst Ludwig Kirchner: Die Maler der „Brücke“, 1925, Museum Ludwig (v. l. n .r): Mueller, Kirchner, Heckel, Schmidt-Rottluff, Quelle: Von E. L. Kirchner - eigenes Foto, Bild-PD-alt, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=5612550
Ernst Ludwig Kirchner: Erich Heckel and Otto Mueller Playing Chess , Brücke-Museum, Berlin,
Quelle: Von Ernst Ludwig Kirchner - Brücke-Museum, Berlin, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58985222
Im Herbst widmet das Museum dem norwegischen Künstler Edvard Munch eine Ausstellung zum Thema Angst. Diese spannt einen Bogen von der historischen Perspektive auf das Gefühl Angst in der Kunst von Edvard Munch hin zu künstlerischen Arbeiten in unserer Gegenwart. Internationale Leihgaben werden in der Ausstellung mit den Werken aus den umfangreichen Beständen der Kunstsammlungen Chemnitz verbunden.
Angst ist ein menschliches Grundgefühl, das wir in Bezug auf Munch besonders mit seinem „Schrei“ assoziieren. Gleichzeitig ist Angst in unserer heutigen Gesellschaft ein beherrschendes Gefühl. Durch die Corona-Pandemie kam es zu einem deutlichen Anwachsen von Angststörungen. Ängste vor Globalisierung, vor Klimawandel, vor Veränderungen im Allgemeinen sind heute weit verbreitet und viel mehr als nur eine individuelle Missempfindung. Angst führt zu fehlendem Vertrauen in die Zukunft und kann politisch instrumentalisiert werden.
Das 1928 vom Architekten Fred Otto begonnene Sparkassengebäude, eine weitere Ikone des Neuen Bauens, ist heute Domizil für eine der bedeutendsten Privatsammlungen Deutschlands: das Museum Gunzenhauser. Der Münchner Galerist Dr. Alfred Gunzenhauser hatte eine Sammlung von mehr als 3.000 Werken zusammengetragen; sein Fokus lag dabei auf der Kunst der Jahrhundertwende um 1900, des Expressionismus, der Neuen Sachlichkeit sowie der Abstraktion im 20. Jahrhundert. Werke von den Brückekünstlern Kirchner, Heckel und Schmidt-Rottluff sind ebenso vertreten wie Arbeiten von Alexej Jawlensky und Gabriele Münter vom Blauen Reiter. Hinzu kommt eine der größten Sammlungen an Werken von Otto Dix weltweit. Als Gunzenhauser seinen Nachlass regelte, erhielt 2003 Chemnitz den Zuschlag, weil sich die Stadt einem eigenständigen Museum gegenüber offen zeigte.
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Quelle: Von (dwt). - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40475087
Fotograf: Dietmar Träupmann, Archiv Industriemuseum Chemnitz
Freitag, 3.10.25 Villenviertel und Industriemuseum
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde Chemnitz zur industriellen Hochburg und Anfang des 20. Jahrhunderts reichste Stadt Deutschlands. Unternehmergeist und
"Machermentalität" führten zu innovativen Erfindungen. Der sächsische Lokomotiv-König Richard Hartmann war hier ebenso Zuhause wie Louis Ferdinand Schönherr, Unternehmer und Konstrukteur von Webstühlen. Die Industriellen leisteten sich prächtige Häuser und Villen und so hat sich auf dem Chemnitzer Kaßberg eines der größten Jugendstil- und Gründerzeitviertel Deutschlands erhalten. Chemnitz Tourismus sparte nicht mit Superlativen: „Eines der schönsten Jugendstilquartiere zwischen Prag und Brüssel“, ist auf der Website zu lesen. Dazwischen – fast wie in Karlsruhe – der riesige wilhelminische Gefängnisbau. Der Kaßberg ist seit 1991 als Flächendenkmal geschützt. Ein besonderer Blickfang sind die Majolikahäuser an der Barbarossa-Straße.
Chemnitz trägt auch den Titel eines „Sächsischen Manchester“, was das Industriemuseum in der denkmalgeschützten Gießereihalle der Werkzeugmaschinenfabrik Hermann und Alfred Escher eindrucksvoll belegt. In der Fabrikhalle mit der markanten Bogenfassade zeigt das Museum, wie sich die sächsische Industrie innerhalb von drei Jahrhunderten entwickelte. Ein besonderes Anliegen des Hauses ist die funktionsfähige Restaurierung der Maschinen und deren Vorführung durch sachkundiges Personal. Mehrmals täglich erleben die Besucher die Materialbearbeitung in einer Transmissionswerkstatt oder die Vorführung historischer Textiltechnik. Ein Highlight ist die Vorführung der Dampfmaschine von 1896 im Maschinensaal.
Nicht weit vom Industriemuseum befindet sich die Villa Esche, die der belgische Architekt Henry van de Velde in den Jahren 1902/1903 für den Strumpffabrikanten Herbert Eugen Esche und dessen Familie in den Formen des Jugendstils erbaute und 1911 erweiterte. Der Bau ist ein Gesamtkunstwerk im Sinne des Jugendstils. Sein „Entwurf für das Leben“ umfasste alle Bereiche des Wohnumfeldes der Fabrikantenfamilie, für die er neben der Architektur und der Möbel auch Geschirr, Besteck, Kleidung und Schmuck gestaltete. Heute ist in diesem Haus das Henry van de Velde-Museum untergebracht. Im Erdgeschoss vermittelt die weitgehend originale Möblierung des ehemaligen Speisezimmers und des Musiksalons einen hervorragenden Eindruck des ursprünglichen Ambientes. Im Obergeschoss des Museums geben das ehemalige Schlafzimmer, das Kinder- und das Badezimmer Einblicke in das weitgefächerte Gesamtschaffen des vielseitigen Künstlers.
Haus Schulenburg von der westlichen Gartenseite, Quelle: Von Alexander Jörk - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67719765
Blick auf Haus Schulenburg von der Straße aus, Quelle: Von Michael Sander - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3329953
Haus Schulenburg in der Straße des Friedens, Quelle: Von HaPe_Gera from Gera, Germany - Haus Schulenburg, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53607001
Blickachse im Obergeschoss Haus Schulenburg, Quelle: Von Alexander Jörk - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67719874
Samstag, 4. 10.25 Gera und Zwickau
Das Haus Schulenburg in Gera wurde von 1913 bis 1915 als Wohnhaus für die Familie des Textilfabrikanten Paul Schulenburg als großbürgerliche Villa errichtet. Van de Velde war auch für die Inneneinrichtung sowie für die Gartengestaltung zuständig. 1919 bis 1920 wurde der Garten nach Plänen Van de Veldes erweitert. Auch wenn dieser nur noch in Teilen erhalten ist, bleibt Haus Schulenburg in seiner Einheit von Gebäudekomplex, original rekonstruierten Innenräumen und den Außenanlagen ein einzigartiges begehbares Gesamtkunstwerk, in dem sich viele Baudetails im Original erhalten haben: gestaltete Stuckleisten und -wände, Holzvertäfelungen, Parkett- und Fliesenböden, Schmiedearbeiten an Fenstern, Türen, Toren und Treppenaufgängen, Lampen und Dekorationsstoffe. 32 von van de Velde entworfene Möbel aus dem Haus Schulenburg konnten nach intensiven Recherchen wiederbeschafft werden.
Neben dem Haus und seiner Ausstattung ist während unseres Aufenthalts die Sonderausstellung Weltkulturerbe „Manuelle Glasfertigung – Jugendstil bis Art Deco“ zu sehen. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen wertvolle Gläser des Historismus, des Jugendstils und des Art Deco, die den Besucher auf eine farbenfrohe Reise von 1850 bis 1940 entführen. Die gläsernen Kunstwerke stammen aus großen privaten Sammlungen.
Anlass für die Ausstellung ist die Aufnahme der traditionellen manuellen Glasfertigung in Finnland, Frankreich, Spanien, Tschechien, Ungarn und Deutschland in die UNESCO-Welterbeliste am 6. Dezember 2023. Die traditionelle Glasfertigung gehört damit zum Kulturerbe der Menschheit.
Zwickau ist die Geburtsstadt von Max Pechstein und Johannes Brahms und hat darüber hinaus eine äußerst sehenswerte und an Kunstschätzen reiche Altstadt mit dem Dom. Das Museum der Stadt wird voraussichtlich bis 2029 umgebaut, die Zwickauer Kunstsammlungen sind in der Galerie am Domhof in verkleinerter Auswahl zu sehen. Das gilt besonders für den Bestand an Arbeiten von Max Pechstein. Wir machen einen kurzen Besuch in dem als Zwischenraum bezeichneten Interimsquartier und konzentrieren uns auf die Stadt mit ihren Highlights in der Altstadt.
Sonntag, 5.10.25 - Schlossberg und Rückfahrt
Vor der Abreise besuchen wir den Schlossberg. Das Chemnitzer Museum für Stadtgeschichte ist in einer der besterhaltenen Klosteranlagen Sachsens untergebracht. Kaiser Lothar ließ um 1135 auf einem Höhenzug über dem Chemnitz-Fluss ein Benediktiner-Kloster errichten, das bis zur Reformation bestand. Danach ließ Moritz von Sachsen die Klostergebäude in ein Jagdschloss im Stil der Renaissance umwandeln, in dem 1931 das Stadtmuseum eröffnet wurde.
Der heutige Baukomplex besteht aus Bauteilen unterschiedlichen Alters vom Mittelalter bis zur Renaissance. Wir besuchen die ehemalige Kloster- und heutige Schlosskirche sowie die vom Museum für Stadtgeschichte genutzten, historischen Klosterräume, die als die größten "Exponate" des Museums gelten. Im Renaissance-Saal, der mit seinen 600 m² zu den größten Museumssälen des Freistaats Sachsen zählt veranschaulichen drei Stadtmodelle den Wandel Chemnitz‘ von seiner Gründung im Mittelalter bis in die Gegenwart. Der Balkon gewährt einen großartigen Ausblick auf die Stadt der Moderne.
Nach dem Besuch des Schlossbergmuseums treten wir die Rückfahrt nach Karlsruhe an.
Mittwoch, 01. bis Sonntag 05.10.2025
Treffpunkt: Karlsruhe Hbf, Busbahnhof
Leitung: Dr. Elisabeth Spitzbart
xxx€ für Busfahrt, 4 Ü/FR im Hotel an der Oper Chemnitz, alle Eintritte, Führungen und Reiseleitung
Den Preis werden wir in Kürze ergänzen